Geschichte & Zukunft der juristischen Ausbildung

Frühes Mittelalter (ca. 500 bis 1050)Geschichte der juristischen Ausbildung
Ausbildung in Klosterschulen

[1]https://www.akg-images.de/archive/Beim-Unterricht-in-der-Klosterschule-2UMDHUBFXCU.html

Juristische Kenntnisse wurden in Klosterschulen im Rahmen der Ausbildung in Rhetorik, Dialektik, Grammatik vermittelt; es war kein akademischer Grad notwendig für die Ausübung des Richteramts oder des Notariats.


Wende vom 11. auf das 12. Jhd.Geschichte der juristischen Ausbildung
Begründung der Glossatorenschulen

[2]https://de.wikipedia.org/wiki/Irnerius_von_Bologna#/media/Datei:Luigi_Serra_-_Irnerio_che_glossa_le_antiche_leggi.jpg

In den von Irnerius von Bologna (links im Bild) begründeten Glossatorenschulen wurden das weltliche Recht über die Rezeption des römischen Rechts insbesonder in Form des corpus ius civilis gelehrt.

Ab ca. 1386Geschichte der juristischen Ausbildung
Ausbildung im Kirchenrecht

[3]https://www.erzbistum-koeln.de/export/sites/ebkportal/.content/.galleries/erzbistum/Erzbistum_allgemein/Kirchenrecht_-Codex-Iuris-Canonici-CIC.jpg_424857440.jpg

Zu diesem Zeitpunkt begann die Ausbildung im Kirchenrecht (Corpus Iuris Canonicic) an Universitäten in Heidelberg und Köln.

Wende vom 14. zum 15 Jhd.Geschichte der juristischen Ausbildung
Ausbildung im römischen Recht

[4]https://i0.wp.com/hukukdershanesi.com/wp-content/uploads/2021/10/Corpus-Iuris-Civilis.jpg?w=700&ssl=1

Zu diesem Zeitpunkt begann die Ausbildung im römischen Recht (Corpus Iuris Civilis, v.a. Pandekten und Institutiones) und später auch im kanonischen Recht an Universitäten in Erfurt, Würzburg, Leipzig und weiteren Städten. Die Ausbildung orientierte sich demnach an einzelnen Quellen. Es gab keine Zugangsvoraussetzungen für den Universitätsbesuch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts (s.u.).

Ab dem 16. Jhd.Geschichte der juristischen Ausbildung
Ausrichtung an einzelnen Rechtsgebieten

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Ab diesem Zeitpunkt orientierte sich die Ausbildung an einzelnen Sachgebieten (z.B. Deutsches Recht, Staatsrecht, Kriminalrecht, Lehnsrecht und weitere Sachgebiete).

Ab 1750Geschichte der juristischen Ausbildung
Dreistufige Ausbildung in Preußen

[6]https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg

Ursprünglich wurde die juristische Ausbildung mit einer rein universitäre Abschlussprüfungen beendet. Ab dem Jahr 1750 wurde in Preußen die Zulassung zu höheren Kollegialgerichten nur nach Ableistung eines Vorbereitungsdienstes und Absolvierung dreier Prüfungen ermöglicht. Nach dem ersten Examen war man für den höheren Bürodienst, nach der zweiten Prüfung, die man nach dem später sog. Auskultator ablegte, zum Referendariat qualifiziert und nach der dritten Prüfung erlangte man den Assessorentitel. Nach der universitären Ausbildung folgte also eine praktische Ausbildung.

1869Geschichte der juristischen Ausbildung
Zweistufige Ausbildung in Preußen

[7]https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg

Die zweistufige, preußische Jurist:innenausbildung gilt als maßgeblicher Vorreiter der jetzigen Jurist:innenausbildung. In Preußen war danach nur noch eine Aufnahmeprüfung für das Referendariat und eine Abschlussprüfung erforderlich, die zum Richter:innenamt befähigte. Das Referendarexamen setzte ein dreijähriges Studium mit mind. drei Semestern Jura voraus. Im Referendarexamen musste man eine Hausarbeit und eine mündliche Prüfung ablegen. Später (1908) kamen drei Klausuren hinzu und die Ableistung von drei praktischen Übungen wurde Voraussetzung für die Zulassung zum Referendarexamen. Das Assessorexamen erforderte v.a. eine Hausarbeit und einen Aktenvortrag.

Andere Länder nahmen sie zumeist als Vorbild. Wenngleich süddeutsche Länder versuchten, das Studium den praktischen Anforderungen anzupassen und nicht – wie Preußen – den Schwerpunkt auf den Vorbereitungsdienst und die sich anschließende Staatsprüfung zu setzen.

1923Geschichte der juristischen Ausbildung
Weiterentwicklung der zweistufigen Ausbildung

[8]https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg

Ab 1923 mussten Studium und Referendariat jeweils mindestens drei Jahre dauern. Das Referendarexamen bestand aus einer Hausarbeit, vier Aufsichtsarbeiten und einer mündlichen Prüfung über zwei Tage.
Das Referendariat am OLG hatte folgenden Zeitplan:

  • - drei Monate Staatsanwaltschaft,
  • - drei Monate am Amtsgericht im Strafprozess,
  • - zwei Monate ebendort im Zivilprozess,
  • - acht Monate beim Landgericht und
  • - acht Monate bei einem Amtsgericht in der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
  • - sechs Monate bei einem Notar oder Rechtsanwalt und schließlich
  • - sechs Monate beim OLG.

Das wurde durch verpflichtende ständige Übungen ergänzt. Die sich anschließende Staatsprüfung erforderte die Fassung eines wissenschaftlichen Rechtsgutachtens in drei Wochen, einen Urteilsentwurf aufgrund von Prozessakten und drei Aufsichtsarbeiten nach Akten. Auch eine mündliche Prüfung mit Aktenvortrag musste absolviert werden.

1933 - 1945Geschichte der juristischen Ausbildung
Jurist:innenausbildung im dritten Reich

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Während der nationalsozialistischen Diktatur lag die Jurist:innenausbildung im Zuge der Gleichschaltung nicht mehr bei Ländern, sondern zentral beim NS-Reichsjustizministerium. Teile der Ausbildung und sogar der Prüfung lagerten sich zur Indoktrination in ein Lager, das sog. „Gemeinschaftslager Hanns Kerrl“, aus. Nach dem Ende der Diktatur wurde das Studium förderal, nach dem Vorbild der Ausbildung vor 1933, neu implementiert.

1971 -1984Geschichte der juristischen Ausbildung
Einstufige juristische Ausbildung

[10]https://www.loccum.de/files/2018/07/LogoText-RGB.jpg

Im Anschluss an die Accademie Loccum (1968) wurde die Experimentierklausel (§ 5b DRiG) geschaffen. Sie ermöglichte den Universitäten eine einstufige Jurist:innenausbildung (Loccumer Reformideen) durchzuführen. Acht Fakultäten boten daraufhin eine mindestens fünfeinhalbjährige Ausbildung an, die Theorie und Praxis besser verbinden sollte. In der Folge wurden Inhalte der universitären und der Referendarausbildung vereint – daher der Name "einstufige Juristenausbildung". Ab 1984 ist die Jurist:innenausbildung wieder bundeseinheitlich zweistufig. Ihr konkreter Aufbau hängt aufgrund des föderalen Bildungssystems im Einzelfall vom jeweiligen Bundesland und der jeweiligen Universität ab. So haben etwa die Universität Mannheim oder Hagen eigene Ausbildungsmodelle entwickelt.

2003Geschichte der juristischen Ausbildung
Einführung des Schwerpunktstudiums

[11]https://www.jura.uni-osnabrueck.de/fileadmin/public/media/Dekanat_PICS/FAQ/FAQA3.2.1.png

Das „Erste Staatsexamen“ wird zur „ersten Prüfung“ und setzt sich aus einem staatlichen Teil (70 % der Gesamtnote) und einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung (30%) zusammen.

16. Februar 2021iur.reform
Gründung des gemeinnützigen Vereins Bündnis zur Reform der juristischen Ausbildung

[12]https://www.pexels.com/photo/photo-of-people-near-wooden-table-3184418/

Der Verein besteht aus Jurist:innen aus verschiedenen Bereichen des Bundesgebietes. Sein Ziel ist es mit einer Bündelung des zersplitterten Reformdiskurses einen Anstoß für die Reform der juristischen Ausbildung zu geben (Die iur.reform-Kampagne). Dafür haben die Vereinsmitglieder über 250 Beiträge zur Reform der juristischen Ausbildung ausgewertet und nach Reformoptionen mit den jeweiligen Argumenten gegliedert. Die so ermittelten knapp 50 Optionen werden allen Jurist:innen zur Abstimmung vorgelegt.

17. Januar 2022iur.reform
Abstimmungsstart

[13]https://www.solidpro.de/wp-content/uploads/Kopie-von-Ohne-Titel-1.png

Ab dem 17. Januar 2022 konnten alle Jurist:innen über die bestehenden Reformoptionen zur juristischen Ausbildung abstimmen.

17. Juli 2022iur.reform
Abstimmungsende

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Am 17. Juli 2022 endet die Abstimmung. Unser Ziel ist es mindestens 10.000 Studierende zu erreichen. Bei allen übrigen Jurist:innen wollen wir eine möglichst repräsentative Anzahl erreichen.

iur.reform
Veröffentlichung der iur.reform-Studie

[15]https://cdn.cadfem.net/v7/https://www.cadfem.net/fileadmin/_processed_/0/b/csm_AdobeStock_127542043_819c6f03e9.jpg

Wir werden die Ergebnisse der Abstimmungsauswertung in einer Studie veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt einerseits über unsere Webseite, andererseits über eine Versendung an die relevanten Akteur:innen des politischen Prozesses.

Fußnoten[+]