Geschichte & Zukunft der juristischen Ausbildung

[1]https://www.akg-images.de/archive/Beim-Unterricht-in-der-Klosterschule-2UMDHUBFXCU.html
Juristische Kenntnisse wurden in Klosterschulen im Rahmen der Ausbildung in Rhetorik, Dialektik, Grammatik vermittelt; es war kein akademischer Grad notwendig für die Ausübung des Richteramts oder des Notariats.

[2]https://de.wikipedia.org/wiki/Irnerius_von_Bologna#/media/Datei:Luigi_Serra_-_Irnerio_che_glossa_le_antiche_leggi.jpg
In den von Irnerius von Bologna (links im Bild) begründeten Glossatorenschulen wurden das weltliche Recht über die Rezeption des römischen Rechts insbesonder in Form des corpus ius civilis gelehrt.

[3]https://www.erzbistum-koeln.de/export/sites/ebkportal/.content/.galleries/erzbistum/Erzbistum_allgemein/Kirchenrecht_-Codex-Iuris-Canonici-CIC.jpg_424857440.jpg
Zu diesem Zeitpunkt begann die Ausbildung im Kirchenrecht (Corpus Iuris Canonicic) an Universitäten in Heidelberg und Köln.

[4]https://i0.wp.com/hukukdershanesi.com/wp-content/uploads/2021/10/Corpus-Iuris-Civilis.jpg?w=700&ssl=1
Zu diesem Zeitpunkt begann die Ausbildung im römischen Recht (Corpus Iuris Civilis, v.a. Pandekten und Institutiones) und später auch im kanonischen Recht an Universitäten in Erfurt, Würzburg, Leipzig und weiteren Städten. Die Ausbildung orientierte sich demnach an einzelnen Quellen. Es gab keine Zugangsvoraussetzungen für den Universitätsbesuch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts (s.u.).

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Ab diesem Zeitpunkt orientierte sich die Ausbildung an einzelnen Sachgebieten (z.B. Deutsches Recht, Staatsrecht, Kriminalrecht, Lehnsrecht und weitere Sachgebiete).

[6]https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg
Ursprünglich wurde die juristische Ausbildung mit einer rein universitäre Abschlussprüfungen beendet. Ab dem Jahr 1750 wurde in Preußen die Zulassung zu höheren Kollegialgerichten nur nach Ableistung eines Vorbereitungsdienstes und Absolvierung dreier Prüfungen ermöglicht. Nach dem ersten Examen war man für den höheren Bürodienst, nach der zweiten Prüfung, die man nach dem später sog. Auskultator ablegte, zum Referendariat qualifiziert und nach der dritten Prüfung erlangte man den Assessorentitel. Nach der universitären Ausbildung folgte also eine praktische Ausbildung.

[7]https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg
Die zweistufige, preußische Jurist:innenausbildung gilt als maßgeblicher Vorreiter der jetzigen Jurist:innenausbildung. In Preußen war danach nur noch eine Aufnahmeprüfung für das Referendariat und eine Abschlussprüfung erforderlich, die zum Richter:innenamt befähigte. Das Referendarexamen setzte ein dreijähriges Studium mit mind. drei Semestern Jura voraus. Im Referendarexamen musste man eine Hausarbeit und eine mündliche Prüfung ablegen. Später (1908) kamen drei Klausuren hinzu und die Ableistung von drei praktischen Übungen wurde Voraussetzung für die Zulassung zum Referendarexamen. Das Assessorexamen erforderte v.a. eine Hausarbeit und einen Aktenvortrag.
Andere Länder nahmen sie zumeist als Vorbild. Wenngleich süddeutsche Länder versuchten, das Studium den praktischen Anforderungen anzupassen und nicht – wie Preußen – den Schwerpunkt auf den Vorbereitungsdienst und die sich anschließende Staatsprüfung zu setzen.

[8]https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg
Ab 1923 mussten Studium und Referendariat jeweils mindestens drei Jahre dauern. Das Referendarexamen bestand aus einer Hausarbeit, vier Aufsichtsarbeiten und einer mündlichen Prüfung über zwei Tage.
Das Referendariat am OLG hatte folgenden Zeitplan:
- - drei Monate Staatsanwaltschaft,
- - drei Monate am Amtsgericht im Strafprozess,
- - zwei Monate ebendort im Zivilprozess,
- - acht Monate beim Landgericht und
- - acht Monate bei einem Amtsgericht in der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
- - sechs Monate bei einem Notar oder Rechtsanwalt und schließlich
- - sechs Monate beim OLG.
Das wurde durch verpflichtende ständige Übungen ergänzt. Die sich anschließende Staatsprüfung erforderte die Fassung eines wissenschaftlichen Rechtsgutachtens in drei Wochen, einen Urteilsentwurf aufgrund von Prozessakten und drei Aufsichtsarbeiten nach Akten. Auch eine mündliche Prüfung mit Aktenvortrag musste absolviert werden.

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Während der nationalsozialistischen Diktatur lag die Jurist:innenausbildung im Zuge der Gleichschaltung nicht mehr bei Ländern, sondern zentral beim NS-Reichsjustizministerium. Teile der Ausbildung und sogar der Prüfung lagerten sich zur Indoktrination in ein Lager, das sog. „Gemeinschaftslager Hanns Kerrl“, aus. Nach dem Ende der Diktatur wurde das Studium förderal, nach dem Vorbild der Ausbildung vor 1933, neu implementiert.

[10]https://www.loccum.de/files/2018/07/LogoText-RGB.jpg
Im Anschluss an die Accademie Loccum (1968) wurde die Experimentierklausel (§ 5b DRiG) geschaffen. Sie ermöglichte den Universitäten eine einstufige Jurist:innenausbildung (Loccumer Reformideen) durchzuführen. Acht Fakultäten boten daraufhin eine mindestens fünfeinhalbjährige Ausbildung an, die Theorie und Praxis besser verbinden sollte. In der Folge wurden Inhalte der universitären und der Referendarausbildung vereint – daher der Name "einstufige Juristenausbildung". Ab 1984 ist die Jurist:innenausbildung wieder bundeseinheitlich zweistufig. Ihr konkreter Aufbau hängt aufgrund des föderalen Bildungssystems im Einzelfall vom jeweiligen Bundesland und der jeweiligen Universität ab. So haben etwa die Universität Mannheim oder Hagen eigene Ausbildungsmodelle entwickelt.

[11]https://www.jura.uni-osnabrueck.de/fileadmin/public/media/Dekanat_PICS/FAQ/FAQA3.2.1.png
Das „Erste Staatsexamen“ wird zur „ersten Prüfung“ und setzt sich aus einem staatlichen Teil (70 % der Gesamtnote) und einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung (30%) zusammen.

[12]https://www.pexels.com/photo/photo-of-people-near-wooden-table-3184418/
Der Verein besteht aus Jurist:innen aus verschiedenen Bereichen des Bundesgebietes. Sein Ziel ist es mit einer Bündelung des zersplitterten Reformdiskurses einen Anstoß für die Reform der juristischen Ausbildung zu geben (Die iur.reform-Kampagne). Dafür haben die Vereinsmitglieder über 250 Beiträge zur Reform der juristischen Ausbildung ausgewertet und nach Reformoptionen mit den jeweiligen Argumenten gegliedert. Die so ermittelten knapp 50 Optionen werden allen Jurist:innen zur Abstimmung vorgelegt.

[13]https://www.solidpro.de/wp-content/uploads/Kopie-von-Ohne-Titel-1.png
Ab dem 17. Januar 2022 konnten alle Jurist:innen über die bestehenden Reformoptionen zur juristischen Ausbildung abstimmen.

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Am 17. Juli 2022 endet die Abstimmung. Unser Ziel ist es mindestens 10.000 Studierende zu erreichen. Bei allen übrigen Jurist:innen wollen wir eine möglichst repräsentative Anzahl erreichen.

[15]https://cdn.cadfem.net/v7/https://www.cadfem.net/fileadmin/_processed_/0/b/csm_AdobeStock_127542043_819c6f03e9.jpg
Wir werden die Ergebnisse der Abstimmungsauswertung in einer Studie veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt einerseits über unsere Webseite, andererseits über eine Versendung an die relevanten Akteur:innen des politischen Prozesses.
Fußnoten[+]
↑1 | https://www.akg-images.de/archive/Beim-Unterricht-in-der-Klosterschule-2UMDHUBFXCU.html |
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↑2 | https://de.wikipedia.org/wiki/Irnerius_von_Bologna#/media/Datei:Luigi_Serra_-_Irnerio_che_glossa_le_antiche_leggi.jpg |
↑3 | https://www.erzbistum-koeln.de/export/sites/ebkportal/.content/.galleries/erzbistum/Erzbistum_allgemein/Kirchenrecht_-Codex-Iuris-Canonici-CIC.jpg_424857440.jpg |
↑4 | https://i0.wp.com/hukukdershanesi.com/wp-content/uploads/2021/10/Corpus-Iuris-Civilis.jpg?w=700&ssl=1 |
↑5 | https://startpage.com/av/proxy-image?piurl=https%3A%2F%2Fmedia.springernature.com%2Foriginal%2Fspringer-static%2Fimage%2Fchp%253A10.1007%252F978-3-658-06987-2_1%2FMediaObjects%2F329639_1_De_1_Fig7_HTML.png&sp=1641649541T653ffbb5a2145b9c77e19e3138e6231f9306ab7aa1f30cb4d095af0820ae8380 |
↑6, ↑7, ↑8 | https://mkg-jura-studis.de/wp-content/uploads/AdobeStock_47881651-480x355.jpeg |
↑9 | https://worldwartwodaily.filminspector.com/ezoimgfmt/4.bp.blogspot.com/-vz7jauITBn8/Vx_4lCj0LQI/AAAAAAABx24/hn2ext701isH21_GuiWcSJeMHq_8TRDgACLcB/s640/Roland_Freisler_worldwartwo.filminspector.com_2.jpg?ezimgfmt=rs:656x442/rscb35/ng:webp/ngcb35 |
↑10 | https://www.loccum.de/files/2018/07/LogoText-RGB.jpg |
↑11 | https://www.jura.uni-osnabrueck.de/fileadmin/public/media/Dekanat_PICS/FAQ/FAQA3.2.1.png |
↑12 | https://www.pexels.com/photo/photo-of-people-near-wooden-table-3184418/ |
↑13 | https://www.solidpro.de/wp-content/uploads/Kopie-von-Ohne-Titel-1.png |
↑14 | https://image.freepik.com/vektoren-kostenlos/positive-winzige-leute-die-nahe-dem-riesigen-ziel-mit-der-isolierten-flachen-vektorillustration-des-pfeils-sitzen-und-gehen-cartoon-business-team-ziel-oder-ziel-erreichen-marketingstrategie-und-leistungskonzept_74855-10139.jpg |
↑15 | https://cdn.cadfem.net/v7/https://www.cadfem.net/fileadmin/_processed_/0/b/csm_AdobeStock_127542043_819c6f03e9.jpg |