Das Problem: Vielfältig.
Kaum Veränderung und selten gemeinsame Diskurse.

Die juristische Ausbildung: Seit 152 Jahren kaum Veränderung

Und heute?

Die klassische zweistufige juristische Ausbildung (Universität, Referendariat) besteht noch heute in der schon 1869 in Preußen eingeführten Form. Einige leichte Anpassungen gab es dennoch: Zuletzt 2003 durch die Einführung des Schwerpunktbereichs. Ernsthafte Diskussionen über die Reformvorschläge kommen zwar immer wieder auf, ebben aber auch wieder ab – wie eine Welle.

Eine grundlegendere Reform wurde zuletzt in den 70er und 80er Jahren nach einem zweijährigen Diskussionsprozess zwischen Studierenden, Lehrenden und Hochschulen, der sog. Akademie Loccum, getestet. Man führte auf Grundlage der sog. Experimentierklausel die einstufige juristische Ausbildung ein. Studierende begannen ihr Studium mit Fächern wie Soziologie und wechselten im Hauptstudium zwischen Praxisphasen in Verwaltung, Gerichten, Anwaltschaft und dem Hörsaal. Am Ende des Studiums (ca. 9 Semester) stand nur ein kombiniertes Examen. Höhere Kosten und eine Auswertung, die keine klare Aussage enthielt, trugen dazu bei, das Modell nach einer Testphase nicht weiter anzubieten.

Probleme gibt es genug. Dies beklagen Studierende, Lehrende und Praktiker:innen gleichermaßen. Studierende leiden unter dem Druck und der Stoffmenge, die immer größer wird. Praktiker:innen sehen das Bedürfnis für ein neues Verständnis von Jurist:innen und bemängeln, dass das Jurastudium hinter den Realitäten der Tätigkeiten von Jurist:innen in der Praxis hinterherhinkt – heute schon und in einer von Legal Tech geprägten Rechtswelt. Studentische Rechtsberatung an Hochschulen, sog. Law Clinics, seien selten und stünden nicht allen Studierenden offen, genau so wie Moot Courts. Ein weiteres Problem: Das sog. rechtswissenschaftliche Studium habe selbst oft gar keinen Platz für echten wissenschaftlichen Diskurs und wissenschaftliches Arbeiten spiele nur selten eine Rolle.

Ein getrennter Diskurs

Wir haben mehr als 250 Artikel ausgewertet, die seit 2001 Reformvorschläge gemacht haben

Was fehlt? Ein gemeinsamer Diskurs

Vorschläge, wie man die juristische Ausbildung in Zukunft gestalten könnte, gibt es genügend: Wir haben über 250 Beiträge in wissenschaftlichen Zeitschriften ermittelt, die nach dem Jahr 2000 veröffentlicht wurden. Es gibt Vorschläge von Professor:innen, Praktiker:innen, studentischen Initiativen und Verbänden. Verbände wie der BRF, DAV und ELSA führen regelmäßig auch kleinere Umfragen durch, die die Probleme aufzeigen.

Passiert ist indes nicht viel: Die nach langen Diskussionen verabschiedete getrennte Ausweisung der Schwerpunktnote auf dem Zeugnis steht exemplarisch für die nur kosmetischen Reformen, auf die man sich einigen konnte.

Immerhin hat der Bundesgesetzgeber eine Rechtsgrundlage für das elektronische Examen und das Referendariat in Teilzeit geschaffen. Es finden jedoch keine groß angelegten Studien, Änderungsmaßnahmen oder gar Konferenzen aller Akteur:innen – wie bei der Akademie Loccum – statt. Und so bleibt es bei den über 250 Artikeln und einzelnen kleineren Umfragen, ohne dass sich etwas substantiell an der Ausbildung ändert.

Es fehlt ein gemeinsamer Diskurs über die bestehenden Vorschläge zwischen Studierenden, Lehrenden, Praktiker:innen und den Entscheidern in den Bundesländern und im Bund.

Genau das wollen wir mit iur.reform schaffen – und am Ende gemeinsam mit allen Akteur:innen die juristische Ausbildung reformieren!